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Fürsorgepflicht des Arbeitgebers 

29 Mrz 2023 15 MIN. LESEDAUER

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Mental Health und Self Care statt Burnout und Breakdown: Selten zuvor wurde dem eigenen physischen wie auch psychischen Wohlbefinden ein so hoher Stellenwert beigemessen wie heute. Eine Entwicklung, die richtig und wichtig ist – und die sich nicht nur im Privaten, sondern auch im Arbeitsleben widerspiegelt. Eine essenzielle Grundlage hierfür ist die sogenannte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Sie dient dem Schutz der Arbeitnehmer:innen am Arbeitsplatz – und umfasst verschiedene Aspekte aus den Bereichen der körperlichen und mentalen Gesundheit.

Wir sehen uns im Folgenden genauer an, was es mit der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers auf sich hat: Was genau ist unter dieser Pflicht zu verstehen? Wann und für wen gilt sie? Wo ist die Fürsorgepflicht geregelt und welche Bereiche umfasst sie? Wie kann sie in der Praxis aussehen und was passiert, wenn der Arbeitgeber seiner Pflicht nicht nachkommt? 

Definition: die Fürsorgepflicht als Nebenpflicht

Ein Arbeitsvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer:in umfasst im Kern zwei Hauptleistungspflichten:

  1. die Leistung der Arbeit durch den/die Arbeitnehmer:in 
  2. die Zahlung der vereinbarten Vergütung durch den Arbeitgeber.

Darüber hinaus gibt es jedoch auch eine Reihe an Nebenpflichten, die durch beide Parteien zu erfüllen sind. Eine davon ist die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmer:innen. 

Gut zu wissen: Das Pendant zur Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ist die Treuepflicht des/der Arbeitnehmer:in. Hier stehen Loyalität, Gehorsam und die Wahrung der Interessen des Unternehmens im Fokus.

Was ist die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers?

Zunächst einmal ist die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers Teil eines jeden Arbeitsvertrags. Sie wird darin zwar nicht explizit ausgeführt, gehört aber per se dazu – und kann auch nicht aufgehoben werden. Das heißt: Jede:r Vorgesetzte ist vertraglich dazu verpflichtet, ihrer und seiner Fürsorgepflicht nachzukommen und den Arbeitnehmer:innen Schutz und Sicherheit zu gewähren.

Im Zuge dessen fallen für den Arbeitgeber verschiedene Maßnahmen an – beispielsweise um Arbeitsunfälle zu vermeiden, Gesundheitsrisiken vorzubeugen und die Arbeitnehmer:innen vor Überforderung beziehungsweise Überarbeitung sowie potenziellen psychischen Belastungen zu schützen.

Interessant: Die einzelnen Fürsorge- beziehungsweise Nebenpflichten beginnen nicht erst mit Inkrafttreten des Arbeitsverhältnisses. Schon während der Bewerbungsphase muss der Arbeitgeber Fürsorge leisten – ob bei der Führung durch die Firma, beim Probearbeiten oder im Bewerbungsgespräch. Dazu gehört auch ein faires Miteinander und eine wahrheitsgetreue Auskunft zu den Arbeitsbedingungen. Kommt es zur Kündigung, gilt die Fürsorgepflicht entsprechend weiter, bis das Arbeitsverhältnis endet.

Geltungsbereich: Welche Fürsorgepflichten gibt es?

Die Pflicht zur Fürsorge lässt sich in zwei verschiedene Bereiche aufgliedern:

  1. Auskunftspflicht: Die Auskunftspflicht besagt, dass der Arbeitgeber bestimmte Informationen mit den Arbeitnehmer:innen zu teilen hat – beispielsweise wenn diese die Arbeit oder die Entscheidungen der Beschäftigten beeinflussen oder für sie von gesteigertem Interesse sein könnten.
  2. Schutz- und Sorgfaltspflichten: Den zweiten Pfeiler und gewissermaßen auch das Herzstück der Fürsorge bilden Schutz und Sorgfalt. Hierunter fallen jegliche Maßnahmen, die zu ergreifen sind, um Leben und Gesundheit der Beschäftigten zu schützen oder besser noch zu fördern. Die Schutz- und Sorgfaltspflichten erstrecken sich über die verschiedensten Bereiche und umfassen zahlreiche individuelle Rechtsgüter. Welche das sind, sehen wir uns einmal genauer an.

Gesundheit & Sicherheit am Arbeitsplatz

Klassischerweise beginnt die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers beim Thema Arbeitsschutz. Hier sind zahlreiche Vorkehrungen zu treffen, um sicherzustellen, dass das Arbeitsumfeld und auch die Arbeit selbst sich nicht negativ auf die Gesundheit der Mitarbeiter:innen auswirken und dass deren Sicherheit stets gewährleistet ist.

Als Grundlage für die Einschätzung und Aufrechterhaltung der Sicherheit am Arbeitsplatz braucht es zunächst eine Gefährdungsbeurteilung. Dabei handelt es sich um eine HR-Maßnahme, mithilfe derer Unternehmen ihren Handlungsbedarf sowie sämtliche Optimierungspotenziale erkennen können. Verantwortlich für die regelmäßige Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung ist der Arbeitgeber – so schreibt es das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) vor.

Maßnahmen in Sachen Arbeitsschutz sind zum Beispiel:

  • Regelmäßige Wartung und Instandhaltung von Maschinen und Geräten
  • Optimierung von Arbeitsprozessen, um Überlastung zu vermeiden 
  • Sichere und angemessene Gestaltung der Arbeitsstätte
  • Schutzkleidung beim Umgang mit gefährlichen Stoffen oder Geräten
  • Unterweisung in Arbeitssicherheit, Erste Hilfe und Co. 
  • Minimierung von Risiken durch Risikomanagement – wie z. B. während der Corona-Pandemie
  • Einschätzung der Eignung von Mitarbeiter:innen für vorgesehene Tätigkeiten

Wie die genaue Ausgestaltung der jeweiligen Maßnahmen aussieht, ergibt sich aus dem Interesse des Arbeitgebers und der Arbeitnehmer:innen – und aus der Tätigkeit und den damit einhergehenden Gegebenheiten. Auch gibt es gewisse Gefahren, die unabdinglich mit einem Job einhergehen. Ein klassisches Beispiel: Die Fallhöhe beim Dachdecken. Diese lässt sich zwar nicht vermeiden – das Unfallrisiko lässt sich aber durchaus reduzieren.

Persönlichkeitsrechte & psychisches Wohlergehen 

Zwei Personen umarmen sich lachend.

In einem Unternehmen kommen zahlreiche verschiedene Persönlichkeiten zusammen. Sie alle haben das Recht, zu koexistieren und sich im Rahmen des Möglichen frei zu entfalten – und zwar ohne Angst vor Diskriminierung, Belästigung oder Erniedrigung haben zu müssen. Auch das ist durch den Arbeitgeber sicherzustellen.

Eine Methode, um die Wahrung der Persönlichkeitsrechte und des psychischen Wohlergehensdurchzusetzen, ist die Zusammenarbeit mit geschultem Personal, an das die Mitarbeiter:innen sich im Falle einer Grenzüberschreitung wenden können. Außerdem braucht es ernstzunehmende Konsequenzen bei Regelverstößen – zum Beispiel bei Mobbing oder Belästigung. Ebenfalls können Maßnahmen ergriffen werden, um Werte wie Vertrauen, Zusammenhalt, Respekt und Toleranz zu stärken.

Privatsphäre, Datenschutz & Eigentum

Ebenfalls Teil der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ist die Achtung der Privatsphäre der Mitarbeiter:innen. Eine permanente Videoüberwachung des Arbeitsplatzes wäre dementsprechend ebenso unzulässig wie das Abhören von Telefonaten oder die Kontrolle von E-Mails. 

Eng verbunden mit dem Recht auf Privatsphäre ist auch das Thema Datenschutz. So sind zum Beispiel alle personenbezogenen Daten der Arbeitnehmer:innen, die dem Arbeitgeber vorliegen, vor Missbrauch zu schützen. Außerdem dürfen die Mitarbeiter:innen jederzeit Einsicht in ihre Daten sowie in ihre Personalakte erhalten. Sensible Informationen – beispielsweise zu Themen wie Religion, Sexualität, Familienstand oder -planung – haben mit der Arbeit nichts zu tun. Sie müssen folglich auch nicht bereitgestellt werden – und sind bestenfalls gar nicht erst zu erfragen. Es sei denn, jemand möchte sie teilen. 

Aber: Nicht nur die Daten und die Privatsphäre der Angestellten sind mit besonderer Fürsorge zu behandeln – auch das materielle Eigentum gilt es zu schützen. So sollen die Mitarbeiter:innen ihre persönlichen Wertsachen wie Portemonnaie, Smartphone und Co. bedenkenlos und sicher am Arbeitsplatz aufbewahren können. Ob in abschließbaren Räumen, in Spinden oder ganz einfach und guten Gewissens im Büro.  

Beschäftigungsanspruch, Arbeits- & Erholungszeiten

Letztlich regeln die Schutzpflichten des Arbeitgebers nicht nur das Miteinander, sondern nehmen auch Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung der Arbeitsleistungen der Mitarbeiter:innen.

Grundsätzlich gilt zum Beispiel ein Beschäftigungsanspruch. Demzufolge haben Arbeitnehmer:innen ein Recht darauf, in ihrem Job die Tätigkeiten auszuüben, die im Arbeitsvertrag festgeschrieben stehen. Das gilt übrigens auch im Falle einer Kündigung. Weil Ausnahmen aber die Regel bestätigen, können „schutzwürdige Interessen“ auf Arbeitgeberseite dazu führen, dass die Mitarbeiter:innen zeitweise an anderer Stelle aushelfen müssen. Hierzu braucht es allerdings einen triftigen Grund – ob Naturphänomen, Lieferengpass oder besondere Auftragslage.

Gleichzeitig greift der Beschäftigungsanspruch als Schutzpflicht aber auch im umgekehrten Fall. So wird zum Beispiel nach alternativen Einsatzmöglichkeiten Ausschau gehalten, wenn Arbeitnehmer:innen ihrer eigentlichen Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr nachkommen können.

Ein weiteres Thema aus dem Bereich der Fürsorgepflicht ist das angemessene Verhältnis von Arbeits- und Erholungszeiten. So darf die Arbeitszeit ein gewisses Maximum nicht überschreiten und auch die Pausen- und Urlaubszeiten müssen ausreichen, damit die Beschäftigten sich erholen und zur Ruhe kommen können.

Gesetzesgrundlage: Wo ist die Fürsorgepflicht geregelt?

Bei der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers handelt es sich nicht um ein spezifisches Gesetz. Vielmehr liegen dieser Nebenpflicht im Vertragsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer:in viele verschiedene Gesetze und Normen zugrunde.

Gesetz/NormInhalt/Bedeutung
Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch, kurz: BGB)Vertragspartner sind dazu verpflichtet, gegenseitig Rücksicht auf ihre Interessen zu nehmen und ihr Recht nicht zu missbrauchen. 
Auslegung von Verträgen
(§ 157 BGB)
Verträge sind per se nach dem Grundsatz von Treu und Glauben auszulegen.
Pflicht zu Schutzmaßnahmen
(§ 618 BGB):
Der Arbeitgeber sorgt dafür, dass weder Diensträume noch Dienstleistungen das Leben oder die Gesundheit der Arbeitnehmer:innen unnötig gefährden.
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
(AGG)
Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, die Arbeitnehmer:innen am Arbeitsplatz vor Erniedrigungen, Anfeindungen und Belästigungen jeder Art zu schützen und zugleich selbst niemanden zu benachteiligen. Dazu zählen zum Beispiel rassistische Äußerungen, sexuelle Belästigung u. v. m.
Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)Das Arbeitsschutzgesetz dient dem Ausbau des Gesundheitsschutzes sowie der Sicherheit am Arbeitsplatz. Hierin werden neben den Pflichten der Arbeitgeber und den Rechten der Beschäftigten auch Schutzmaßnahmen und deren Durchführung geregelt. 
Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG)Um die Arbeitssicherheit zu gewährleisten, kommen verschiedene Fachkräfte zum Einsatz – zum Beispiel Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Betriebsärzt:innen oder Ingenieur:innen. Das Gesetz regelt Anforderungen, Vorschriften und anderweitige Fragen.
Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)Jede Arbeitsstätte muss gewisse Anforderungen erfüllen, um den Schutz des dort arbeitenden Personals zu ermöglichen. Die Regelungen umfassen alle Bereiche und Bestandteile einer Arbeitsstätte – von Türen und Verkehrswegen bis hin zu Sanitäranlagen. 
Arbeitszeitgesetz
(ArbZG)
Das Arbeitszeitgesetz legt fest, wie viele Stunden Arbeitnehmer:innen am Tag durchschnittlich und maximal arbeiten dürfen, welche Pausen je Stundensatz verpflichtend sind und wie es beispielsweise um arbeitsfreie Zeiten, Feiertage und Sonntage steht. 
Beschäftigtenschutzgesetz (BSchG – Abkürzung nicht amtlich)Beschäftigte sind vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zu schützen. 
Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)Seit 2018 regelt die DSGVO den Umgang von Unternehmen mit personenbezogenen Daten – und sorgt dafür, dass diese sensibler behandelt werden und Privatpersonen eine höhere Kontrollmacht haben.

Auch das Berufsgenossenschaftliche Regelwerk widmet sich in vielen Punkten dem Arbeitsschutz und formuliert neben Vorgaben auch Hilfestellungen.

Erhöhte Fürsorgepflicht & besondere Fürsorgepflicht

Zwei Personen schütteln sich die Hand, eine Person im Hintergrund.

Einige Beschäftigtengruppen unterliegen einer erhöhten Fürsorgepflicht – so zum Beispiel Schwangere, Minderjährige, Menschen mit Vorerkrankungen oder Beeinträchtigungen und Kolleg:innen, die schon sehr lange im Betrieb arbeiten. Mit welchen Sonderregelungen die Fürsorge des Arbeitgebers für die besagten Personengruppen einhergeht, erschließt sich aus verschiedenen Gesetzen. So gilt für Minderjährige zum Beispiel das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG), während für Schwangere das Mutterschutzgesetz (MuSchG) greift.

Darüber hinaus gilt auch für Beamt:innen im öffentlichen Dienst eine besondere Fürsorgepflicht – auch, wenn diese bereits pensioniert sind. Die entsprechenden Rechte, Ansprüche und Pflichten regelt das Bundesbeamtengesetz.

Fürsorgepflicht auf Dienstreisen

Eine besondere Situation, mit der viele Arbeitnehmer:innen im Laufe ihres Berufslebens immer wieder konfrontiert werden, ist die Dienstreise. Gerade wenn ein Unternehmen seine Mitarbeiter:innen auf Reisen schickt – ob in eine andere Stadt, ins Ausland oder gar auf einen anderen Kontinent –, spielt die Sicherheit eine besonders große Rolle.

Umso wichtiger ist es, die Fürsorgepflicht auf Dienstreisen ernst zu nehmen – und alle nötigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, um den Reisenden eine sorgenfreie Zeit zu ermöglichen. Der Schlüssel: eine umfassende Reiserichtlinie und Ansprechpartner:innen, die den Reisenden rund um die Uhr zur Seite stehen.

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Fürsorgepflicht in der Praxis: Was tun, wenn …?

Nach all der Theorie wird es Zeit für einen Blick in die Praxis. Wie können Arbeitgeber im Sinne der Fürsorgepflicht agieren, wenn es im Arbeitsalltag zu brenzligen Situationen kommt? Und was können Arbeitnehmer:innen tun, wenn sie eine Verletzung der Fürsorgepflicht auf Seiten des Arbeitgebers feststellen und sich dadurch einer Gefahr ausgesetzt sehen?

Was tun, wenn Mitarbeiter:innen krank zur Arbeit erscheinen?

Wenn ein:e Mitarbeiter:in trotz Krankheit zur Arbeit kommt oder im Laufe des Arbeitstages krank wird, sind Sie als Arbeitgeber gefragt. In einer solchen Situation greift die Fürsorgepflicht gleich auf mehreren Ebenen:

  • Der/die Mitarbeiter:in gefährdet die eigene Gesundheit.
  • Eine Ansteckung könnte ein Gesundheitsrisiko für die Kolleg:innen darstellen.

Wenn Sie also das Gefühl haben, dass ein:e Mitarbeiter:in zu krank ist, um zu arbeiten, liegt es in Ihrer Verantwortung, die betroffene Person zum Arzt und/oder nach Hause zu schicken – sei es, weil er/sie die vorgesehene Arbeitsleistung nicht erbringen kann oder sich selbst und andere gefährdet.

Suchen Sie das Gespräch, begründen Sie Ihre Entscheidung und achten Sie darauf, dass der/die Betroffene nach Möglichkeit sicher zu Hause ankommt.

Was tun, wenn Mitarbeiter:innen belästigt werden?

Wenn Sie im Team eine persönliche Grenzüberschreitung feststellen, beispielsweise weil Sie selbst davon mitbekommen oder über einen Vorfall informiert werden, ist ein sensibles Vorgehen gefragt. Nehmen Sie den Vorfall ernst, holen Sie nach Möglichkeit weitere Informationen ein und suchen Sie das persönliche Gespräch mit den Betroffenen. Im Sinne der Kommunikation und Objektivität kann es hilfreich sein, eine:n Kolleg:in aus der Personalabteilung hinzuzuziehen. Behandeln Sie das Thema dabei aber höchst vertraulich.

Ob Ausgrenzung, Mobbing oder gar sexuelle Belästigung: Wann immer es am Arbeitsplatz zu einer verbalen, psychischen und physischen Verletzung kommt, müssen Führungskräfte einschreiten, Klarheit in die Situation bringen und vor allem Konsequenzen ergreifen. Hierbei kann es auch zur Kündigung kommen.

Was tun, wenn der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht nicht nachkommt?

Wenn der Arbeitgeber seine Fürsorgepflicht verletzt, verstößt er gegen den Arbeitsvertrag – und muss folglich mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen. Wie genau diese aussehen, lässt sich nicht pauschalisieren, sondern muss von Situation zu Situation individuell betrachtet werden.

Gerade bei leichteren Verstößen sollte der erste Weg der betroffenen Arbeitnehmer:innen zum Arbeitgeber führen – oftmals genügt ein Hinweis schon als Denkanstoß und führt zu einer Besserung. Zeigt der Arbeitgeber sich uneinsichtig, können Arbeitnehmer:innen die Pflichtverletzung bei der Berufsgenossenschaft zur Anzeige bringen und im Zweifelsfall auch vor Gericht ziehen. Im nächsten Schritt erfolgt dann eine Gefährdungsbeurteilung.

Wie groß der Handlungsspielraum ist, lässt sich am besten anhand einiger Beispiele verdeutlichen:

  • Bei einer Gefährdung der Gesundheit oder gar des Lebens dürfen Mitarbeiter:innen den Arbeitsplatz verlassen und die Arbeit solange verweigern, bis das Risiko behoben ist.
  • Führt die Verletzung der Fürsorgepflicht zu einem Arbeitsunfall, können Betroffene Anspruch auf Schadensersatz erheben und Schmerzensgeld oder eine Ersatz- bzw. Entschädigungszahlung erhalten.
  • Werden zum Beispiel Wertsachen der Mitarbeiter:innen beschädigt oder entwendet, weil ein sicherer Aufbewahrungsort fehlt, haftet der Arbeitgeber für den Schaden.
  • In sehr schweren Fällen, in denen sich Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit nachweisen lassen, können Arbeitnehmer:innen außerdem vom Recht der fristlosen Kündigung Gebrauch machen.

FAQ – häufige Fragen rund um die Fürsorgepflicht

Welches sind die wichtigsten Pflichten des Arbeitgebers?

Mit jedem Arbeitsvertrag gehen Haupt- und Nebenpflichten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer:in einher. Die Hauptpflicht des Arbeitgebers liegt in der Vergütung der Angestellten, also darin, das vertraglich vereinbarte Gehalt zuverlässig, pünktlich und vollumfänglich auszuzahlen. Hinzu kommen verschiedene Nebenpflichten, mithilfe derer das Wohlergehen der Mitarbeiter:innen gesichert werden soll – die Fürsorgepflichten. Im Grunde sollen hierdurch die Rechtsgüter des Einzelnen geschützt werden: zum Beispiel das Leben, die Gesundheit (körperliche und psychische Unversehrtheit) und die Persönlichkeitsrechte (Freiheit).
Gleichzeitig haben aber auch Arbeitnehmer:innen Pflichten: Während die Erbringung der vereinbarten Arbeitsleistung die Hauptpflicht darstellt, gilt die Treuepflicht als wichtigste Nebenpflicht.

Welche Fürsorgepflichten gibt es und wo sind sie geregelt?

Die Fürsorgepflichten des Arbeitgebers sind Teil des Arbeitsvertrags, müssen darin jedoch nicht explizit ausformuliert werden, da sie allgemeingültig sind. Sie gehen auf eine Reihe von Gesetzen zurück – so zum Beispiel auf das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und das Arbeitszeitgesetz (ArbZG).
Die allgemeine Fürsorgepflicht besagt zunächst, dass die Interessen der Arbeitnehmer:innen – sofern mit den Unternehmensinteressen vereinbar – zu wahren sind. Hinzu kommt eine Auskunftspflicht sowie diverse Schutz- und Sorgfaltspflichten:
●       Schutz von Leben und Gesundheit
●       Schutz vor Diskriminierung und Mobbing
●       Schutz vor sexueller Belästigung
●       Schutz der Privatsphäre und Persönlichkeitsrechte 
●       Schutz persönlicher Güter
●       Datenschutz
●       Beschäftigungspflicht
●       Pflicht zur Gewährung von Erholung (Urlaubs- und Pausenzeiten, Höchstarbeitszeit)

Wo steht die Fürsorgepflicht?

Die Fürsorgepflicht beruft sich auf verschiedene Gesetze und beruht ganz grundlegend auf dem im Bürgerlichen Gesetzbuch verankerten Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Hinzu kommen neben der Pflicht zu Schutzmaßnahmen (§ 618 BGB) einige weitere Gesetze, die sich der Regulierung von Arbeit oder der Ordnung des gesellschaftlichen Miteinanders widmen: 
●       Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
●       Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
●       Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG)
●       Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
●       Arbeitszeitgesetz (ArbZG)
●       Beschäftigtenschutzgesetz (BSchG – Abkürzung nicht amtlich)
●       Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)

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